— Statement der Besatzung des alternativen Kreuzfahrtterminals

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In den vergangenen Wochen haben wir im Hafen, auf dem Gelände der alten Oelckerswerft, ein alternatives Kreuzfahrtterminal eröffnet. Wir haben damit einen temporären Ort geschaffen, an dem wir über die Beziehung zwischen unserer Stadt und unserem Hafen nachdenken und Visionen einer neuen Reisekultur entwickeln konnten, die die Logik der Kreuzfahrt durchkreuzt. Dort haben wir auch das Floß Hydra gebaut, um damit die Wünsche und Forderungen, die im alternativen Kreuzfahrtterminal entwickelt wurden, zum Rathaus zu bringen.

Von den Landungsbrücken sieht der Hafen wie eine Kulisse aus, und so wird er auch bespielt – mit blauem Licht und Cruise Days und Musicaltheatern. Der eigentliche Hafen liegt dahinter, und in diesem Gebiet gelten besondere Regeln: Alles, was dort geschieht, untersteht dem Reglement der Hamburg Port Authority, der HPA, einer Anstalt öffentlichen Rechts, die kaum einer demokratischen Kontrolle unterliegt. Alles, was im Hafen geschieht, alle Unternehmen, die sich ansiedeln, und alle Personen, die dort wohnen und arbeiten wollen, müssen dem Hafenzweck dienen. Und was der Hafenzweck ist, das entscheidet die HPA. Immer wieder hören wir, dass der Hafen das wirtschaftliche Herz Hamburgs ist. Mit diesem Argument werden große Summen öffentlicher Mittel in den Hafen gepumpt, zum Beispiel 1,2 Milliarden Euro, um die HAPAG Lloyd in Hamburg zu halten, oder 65 Millionen Euro für ein drittes Kreuzfahrtterminal. Dennoch sind zivile Akteure, Bürgerinnen und Bürger, im Hafen eher nicht gewünscht. Denn wo es keine zivilen Akteure gibt, da gibt es auch keinen Bürgerwillen und wo es keinen Bürgerwillen gibt, da steht der Hafen auch weiterhin für die Visionen derer zur Verfügung, die hier das große Geld verdienen. Und nur so kann man auch über Nacht einen ganzen Stadtteil für die Olympiaplanung zur Verfügung stellen.

Mit dem alternativen Kreuzfahrtterminal haben wir für kurze Zeit einen Ort geschaffen, wo wir uns mit dem beschäftigen konnten, was uns im Hafen angeht. Zum Beispiel mit dem Kreuzfahrtboom und seinen Schattenseiten: Wussten Sie, dass Sie bei einer Fahrt mit dem Kreuzfahrtschiff zwanzigmal so viel Co2 produzieren wie bei der Fahrt mit dem Reisebus? Wussten Sie, dass der Luxus der Massenkreuzfahrten nur durch die Ausbeutung der Angestellten auf den Schiffen möglich ist? Für Jahrhunderte hat es zur Identität der Hamburger_innen gehört, zur See zu fahren. Doch in den vergangenen Jahrzehnten ist der Zugang zur See so stark monopolisiert und reguliert worden wie kaum eine andere Ressource. Zurückbleibt eine Sehnsucht nach dem Meer und dem Hafen, die man uns nun als Konsumgüter verkauft in Form von Tourismus und Spektakel.

Die Besatzung des Flosses Hydra und des alternativen Kreuzfahrtterminals will, dass sich das ändert. Wir fordern eine radikale Demokratisierung der Hamburg Port Authority. Nicht die Industrie, sondern die Hamburger_innen sollen entscheiden, was im Hafen geschieht. Zu unserem Recht auf Stadt gehört auch das Recht auf den Hafen!

Wir wollen einen Hafen, der den Bewohner_innen der Stadt einen Zugang zur See bietet, kein Tourismusspektakel. Wir wollen in einem solchen Hafen eine neue Art von Seefahrt entwickeln, eine interventionistische Seefahrt, wie sie uns die Aktivist_innen der Seawatch vorgemacht haben, die ein Fischerboot ausgerüstet haben, um Flüchtlinge im Mittelmeer zu retten. Wir wollen eine vernünftige Kontrolle der Kreuzfahrtindustrie, gute Arbeitsbedingungen für die Seeleute und eine konsequente Reglementierung des Schadstoffausstoßes der Schiffe. Wir wollen Freiräume und öffentliche Mittel für Projekte und Initiativen von Bürger_innen im Hafen, wie beispielsweise den Kulturkanal Wilhelmsburg. Wir wollen Platz und Spielraum für günstiges Leben auf dem Wasser. Wir wollen eine Seefahrt, mit der wir, die transnationale Zivilgesellschaft, uns einmischen können auf den Meeren der Welt. Für ein anderes Reisen, einen anderen Handel und ein anderes Handeln vom Meer her.

geheimagentur, August/September 2015

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