„Meine Damen und Herren: willkommen zurück. Eben waren Sie noch im Hinterzimmer, im Fight Club, im so genannten Fight Store. Sie haben einen Kampf gesehen, Sie haben auf den Ausgang des Kampfes gewettet, Sie haben leider verloren. Sie glauben, einem echten Kampf mit ungewissen Ausgang beigewohnt zu haben. Das sollten Sie auch glauben. Sie waren im Fight Store.
Der Fight Store ist die Erfindung von Benjamin Marks, einem der findigsten Trickbetrüger aller Zeiten. Marks fing an als mäßig erfolgreicher Falschspieler, auf den Strassen der Frontier Towns im Mittleren Westen der USA. Irgendwann um 1880 herum hatte Marks das Arbeiten auf der Strasse satt und eröffnete den ersten Dollar Store – ein Geschäft, dessen Schaufenster absurd günstige Waren anbot, der erste Ein-Dollar-Shop, ein Geschäft, das tatsächlich aber als Spiel-Casino und Wettbüro diente. Nur dass der harmlose Kunde gar nicht ahnte, in einem Wettbüro zu sein. Die Gelegenheit zu einem kleinen Spielchen ergab sich irgendwie ganz spontan aus einem beiläufigen Gespräch mit einem anderen Kunden. Was der harmlose Kunde nicht ahnte: alle anderen Kunden waren professionelle Kartenhaie und Trickbetrüger. Es gab gar keine ‚anderen Kunden‘, alle ‚anderen‘ Kunden spielten nur die Rolle der Kunden – das ganze Geschäft war nur ein Bühne für ihn, den harmlosen Kunden, das unwissende Opfer, die Hauptrolle.
Dann erfand Marks den Fight Store – das illegale Hinterzimmer hinter einem legitimen oder zumindest legitim wirkenden anderen Geschäft. Im Fight Store spielen alle ihre jeweilige Rolle – die Kämpfer, die Kampfrichter, der Arzt, der den plötzlichen Tod eines der beiden Kämpfer verkündet. Die harmlosen und nichtsahnenden Wetter flüchten aus dem Saal, bevor sie von der Polizei bei einem illegalen Boxkampf mit tödlichen Ausgang erwischt werden, und lassen dabei ihre Wetteinsätze zurück, die die keineswegs tödlich verletzten Kämpfer, die Kampfrichter, die Ärzte und all die anderen Helfer lachend unter sich aufteilen. Im Fight Store wird von allen Beteiligten ein komplettes Stück aufgeführt: das Stück „illegaler Boxkampf mit tödlichem Ausgang“ – nur dass das Publikum gar nicht darüber informiert wird, dass es gerade Publikum ist: unsichtbares Theater.
Meine Damen und Herren: Willkommen im Big Store. Der Big Store ist Dollar Store und Fight Store in einem, der Big Store ist die Hohe Schule des Trickbetruges, der Big Store ist großes Theater für eine einzige Person. Sie kennen das aus dem Film „Der Clou“: da wird ein ganzes Wettbüro aufgebaut, mit Bistrotischen und Clubsesseln, mit einem Tresen, einer Wett-Tafel und einem Kassen-Schalter, und mit Komplizinnen und Komplizen besetzt: die Bartender, die Buchmacher, die Kunden – alle gehören dazu und wissen um das Spiel, das dort gespielt wird. Alle bis auf eine einzige Person: die Zielperson, das unwissende Publikum. Jetzt aber sind Sie alle hier, jetzt wissen Sie alle Bescheid, jetzt sind sie alle eingeweiht in den Big Store. Wir machen kein Geheimnis und halten nichts zurück. Sie alle wissen um die Fiktion und Realität dieses Wettbüros. In den nächsten zwei Wochen können wir also gemeinsam herausfinden, ob der Big Store funktioniert, wenn alle eingeweiht sind und wenn niemand aussen vor bleibt. Die Trickbetrüger werden auf Englisch ja con artists genannt – confidence artists: Vertrauens-Künstler: Künstler, deren Medium das Vertrauen ist. Mal sehen, ob wir uns gemeinsam diese Auszeichnung verdienen können.
Meine Damen und Herren, wir möchten Ihnen eine Wette vorschlagen: wir wetten, dass wir, die geheimagentur, es nicht schaffen, hier in siebeneinhalb Minuten ein komplettes Wett-Büro einzurichten. Die Uhr läuft.“